IdéeSport Geschichte

IdéeSport in der Svizzera Italiana

Im Jahr 2009 expandierte IdéeSport über zwei Sprachgrenzen und entwickelte sich zu einer nationalen Organisation. Giorgio Panzera, der heutige Geschäftsführer von IdéeSport, lancierte damals als Projektmanager die Angebote in der Svizzera Italiana und stellte sich der Herausforderung, die Projekte in einer anderen Kultur aufzubauen. Heute erzählt er über seine Erfahrungen sowie die schönen und schwierigen Momente.

Giorgio, wie hast du persönlich den Aufbau in der Svizzera Italiana erlebt?
Der Stressfaktor während des Aufbaus war sehr hoch und ich stand sehr unter Druck. Ich fühlte mich dem Partner gegenüber ganz klein und ich setzte alles daran, ihn zufrieden zu stellen. Es mussten genügend Projekte zustande kommen und die Veranstaltungen mussten gut laufen. Heute würde ich es lockerer nehmen – das kommt mit der Erfahrung.

Es war allgemein eine sehr emotionale Zeit mit vielen Höhen und Tiefen. Wenn man emotional mit den Projekten verbunden ist, dann kämpft man für das, was man erreichen möchte. Es war vor allem ein ”learning by doing” oder besser gesagt ein “learning by fighting”.

Das erste Midnight in der Svizera Italiana wurde im Jahr 2009 in Agno eröffnet – zehn Jahre nach dem ersten Projekt in der Deutschschweiz. Was war der Auslöser für die Expansion über die Sprachgrenze?
Um vom Bund unterstützt zu werden, mussten wir schweizweit Projekte umsetzen. Zudem erlebte IdéeSport zu dieser Zeit allgemein ein starkes Wachstum. Neue Büros wurden eröffnet und viele Projekte und Programme gestartet. Die kulturelle und sprachliche Grenze war ein Hindernis, weshalb die Expansion über die Sprachgrenze der letzte Schritt der Expansion war.

Was war ein Schlüsselmoment während dem Aufbau der Projekte in der Svizzera Italiana?
Ein Schlüsselmoment war ganz klar die Lancierung des MidnightSports in Agno. Auf der politischen Ebene hatte ich es einfach – ich kannte den Bürgermeister. Den Schulleiter kannte ich auch, denn ich arbeitete zu dieser Zeit noch in Agno als Sportlehrer. Er stand am Anfang kritisch zum Projekt, unter anderem da wir die Sporthalle am Samstagabend benutzen wollten. Ich musste viele Kompromisse mit ihm eingehen bis das Projekt schliesslich zustande kam. Für mich war dies eine spannende Übung für die Anpassung der Projekte an die Kultur der Svizzera Italiana.  Heute steht der Schulleiter 100% hinter uns und ist vom Projekt begeistert.

Die Aufbauarbeiten in der Romandie und in der Svizzera Italiana begannen ungefähr gleichzeitig. Vor welchen Herausforderungen standen die zwei Teams und inwiefern unterschied sich die Arbeit?
Alle Sprachregionen in der Schweiz funktionieren etwas anders. Deshalb muss man die jeweilige Kultur verstehen und auf sie eingehen, wenn man Projekte umsetzen möchte. In der Organisation konnte damals niemand italienisch oder kannte die Kultur der Svizzera Italiana nicht. Ich hatte deshalb wenig Begleitung und Vorgaben. Das Konzept der Deutschschweiz passte ich auf die italienische Kultur an. Nur so war eine Umsetzung möglich. Die Romandie hingegen hatte eine enge Begleitung der Deutschschweiz und das Konzept wurde direkt so übernommen und in der Romandie angewendet. Das brachte Schwierigkeiten mit sich.

Der Mädchenanteil in den MidnightSports in der Svizzera Italiana war schon früh sehr hoch. Beispielsweise Chiasso mit 56.5% Mädchen im 2010 – ein Rekordwert. Wie erklärst du dir das?
Das Konzept der Deutschschweiz gab uns die Richtlinien, dass es in den Projekten je einen Anteil Teilnehmende mit Migrationshintergrund und Mädchen haben musste. Wir kümmerten uns von Anfang an darum, dies umzusetzen und somit war das gleich in der Kultur der Projekte verankert.

Zudem war das Freizeitangebot in der Svizzera Italiana sehr klein und Chiasso war nicht die sicherste Stadt. Die Eltern waren eher besorgt um ihre Töchter als um ihre Söhne und schickten deshalb vor allem die Mädchen in unser Projekt. Wir boten einen geschützten Rahmen des Ausgangs, was bei den Eltern gut ankam.

Im 2011, also nach nur zwei Jahren, erreichte das MidnightSports bereits 20% aller jugendlichen Tessiner*Innen. Wie kam dieser Erfolg?
IdéeSport erlebte im Kanton Tessin ein sehr schnelles Wachstum. Die Projekte schossen wie Pilze aus dem Boden. Das Bedürfnis nach niederschwellig organisierten Freizeitangeboten für Jugendliche am Samstagabend war gross. Wir trafen den Nerv der Zeit.

Die Projekte kamen auch sehr gut in den Schulen an und waren bald in der Schulkultur verankert. Die Schulen kommunizierten direkt mit den Eltern und nannten in den Mitteilungen die Gesundheitsförderung, Bewegungsförderung und Prävention. Dies war die beste Art der Kommunikation. Die Eltern vertrauten dadurch dem Angebot und schickten ihre Töchter und Söhne zu uns.

Was war ein Tiefschlag in den zehn Jahren IdéeSport in der Svizzera Italiana?
Der Turnverband ging medial gegen die Projekte vor und ich wusste nicht warum. Es erschien ein Artikel in der Zeitung, welcher sich gegen die Projekte äusserte. Nach drei Jahren Aufbauarbeit war das ein persönlicher Tiefpunkt. Ich dachte, jetzt sei alles vorbei. Schlussendlich war es Werbung für uns und die Projekte. Ich konnte in einer Stellungnahme über die Projekte berichten und alles klarstellen. Heute könnte so etwas nicht mehr passieren. Die Gesellschaft würde sofort darauf reagieren.

Von welchen Erlebnissen bei IdéeSport in der Svizzera Italiana wirst du einmal deinen Enkelkindern erzählen?
Ich werde ihnen sicher von der ersten Veranstaltung erzählen. Die Arbeit für diesen einen Abend war sehr intensiv und ich wusste nicht, ob jemand das Projekt besuchen wird. Aber ich wusste, dass das Fernsehen kommt – ein ganzes Team von RSI. Ich war also wirklich sehr angespannt. Ich arbeitete zu dieser Zeit noch in Agno als Sportlehrer und hörte in einem Gespräch zwischen zwei Jugendlichen: «Hei, kommst du auch ins Midnight am Samstag?» Dieser Satz gab mir die Sicherheit, dass man von dem Projekt wusste und ich bekam neue Energie, um weiter zu machen. Es kamen schliesslich 114 Leute an die erste Veranstaltung!

 

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