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«Agilität als Chance für systematisches BGM»

06.07.2021

Ist systematisches Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) auch in agil arbeitenden Organisationen, und somit auch bei IdéeSport, möglich? Dominik Fässler von der Gesundheitsförderung Schweiz ist zuversichtlich. Im Interview erläutert er, bei welchen Punkten er in der Agilität einen Vorteil sieht und nennt die Herausforderungen, welche die auf Eigenverantwortung basierte Struktur mit sich bringt.

Die Gesundheitsförderung Schweiz vergibt das Label «Friendly Work Space» an Unternehmen. Worum geht es da genau? 

Das Label zeichnet Betriebe aus, die sich systematisch für die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden und gute Arbeitsbedingungen einsetzen. Gemeinsam mit führenden Schweizer Unternehmen wurde auf Grundlage praxisorientierter Qualitätskriterien ein Label geschaffen, das in der Schweiz als Qualitätsstandard für Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) angesehen wird. Mittlerweile sind über 80 Organisationen mit über 200‘000 Mitarbeitenden zertifiziert.

Kürzlich haben Sie untersucht, ob die bisherigen Qualitätskriterien auch in einer agilen Organisation angewendet werden können. Zu welchen Erkenntnissen sind Sie gekommen?

Genau, Agilität ist eine wichtige neue Arbeitsform, der wir Beachtung schenken wollen. Wir haben mit drei agil arbeitenden Organisationen einen Praxistest gemacht. Die wichtigste Erkenntnis: Fast alle Kriterien des systematischen BGM funktionieren auch in dieser Struktur, vor allem bestimmte Formulierungen werden aber bei der geplanten Überarbeitung im nächsten Jahr angepasst. Dazu gehören beispielsweise Aussagen zur Führung.

Was müssen Sie anpassen?

Im breiteren Kontext von New Work werden wir eine Weiterentwicklung der Kriterien des Labels prüfen. Hier geht es vor allem darum, BGM in einer agilen Organisation zu verorten und Verantwortlichkeiten zu definieren. Das kann heissen, dass gezielt Teams oder Personen in Schlüsselrollen zu Themen wie Wohlbefinden, Fürsorge oder Früherkennung geschult werden, damit diese den «Gesundheits-Hut» in der Organisation tragen können.

Auf welche Kriterien spielt die Agilität beim Erhalt des Labels besonders ein?

Die Agilität enthält bereits viele Elemente, welche gesundheitsförderlich und in Richtung des systematischen BGM wirken können. Beispielsweise beim Kriterium Partizipation: Oft ist es so, dass in agil arbeitenden Organisationen partizipative Formate und Prozesse bereits implementiert sind. Damit können solche Organisationen bei der Beteiligung ihrer Mitarbeitenden in Gesundheitsthemen leichter punkten als andere. Auch bei der Erkennung und Verhinderung von systematischer Über- oder Unterforderung kann dies der Fall sein: In agilen Organisationen kann mittels Transparenz, Feedbackschlaufen und Retrospektiven rasch und systematisch erkannt werden, wenn Personen über- oder unterlastet sind. Die Nutzung dieser Chancen für systematisches BGM ist aber stark abhängig von einer guten Anwendung der agilen Methoden und den Selbstmanagement-Fähigkeiten der einzelnen Mitarbeitenden.

Welches sind besondere gesundheitliche Herausforderungen?

Zu den besonderen Herausforderungen gehören Druck und Stress aufgrund der hohen Autonomie und Verantwortlichkeit. Weitere herausfordernde Aspekte können sein: Selbstmanagement, Transparenz in Arbeitsprozessen, veränderte Führungsrollen und Entscheidungsprozesse, soziale Isolation durch veränderte soziale Zugehörigkeiten, vermehrte Konflikte wegen stark geforderten Sozial- und Kommunikationskompetenzen und fehlende Verantwortlichkeiten für Gesundheitsthemen in der Organisation.

Wo liegen in Bezug auf die Gesundheit der Mitarbeiter*innen die Vorteile des agilen Arbeitens?

Grundsätzlich bietet die Agilität die Möglichkeit, dass die Arbeitsprozesse stärker auf den Menschen zentriert gestaltet sind, was sich positiv auf die Gesundheit der Mitarbeitenden auswirkt. Der Handlungsspielraum und die Verantwortung sind höher. Auch das regelmässige Feedback und die Ganzheitlichkeit der Aufgabe können zur Zufriedenheit und Motivation beitragen. Der hohe Grad der Partizipation ist auch als positiv einzuschätzen.

Welche weiteren Schlüsse haben Sie für Ihr Label «Friendly Work Space» gezogen?

Das Label ist bereits gut positioniert, um auch neue Arbeitsformen, wie die Agilität, abzudecken. Nichtsdestotrotz braucht es in gewissen Kriterien eine Weiterentwicklung, welche im nächsten Jahr starten wird. Die Grundlagen für die Weiterentwicklung erarbeiten wir aktuell in mit Wissenschaft und Praxis. So stellen wir sicher, dass das Label weiterhin für ein BGM am Puls der Arbeitswelt steht.

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Dominik Fässler von der Gesundheitsförderung Schweiz

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