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«Wären wir alle gleich, wäre es doch nicht lustig» 

18.02.2022

Seit der laufenden Saison werden unsere OpenSunday-Projekte schweizweit für Kinder mit und ohne Behinderungen angeboten. Die Hallenteams beschäftigen sich entsprechend intensiv mit dem Thema Inklusion. Im Interview erzählt uns Sanela Besic, Projektleiterin des OpenSunday Locarno, welche Veränderungen diese Umgestaltung mit sich bringt, wie die Coachs mit den Anpassungen umgehen und welche Möglichkeiten sich durch inklusiv gestaltete Angebote ergeben.

Alter: 25

Wohnort: Bellinzona

Berufliche Tätigkeit: Primarschullehrerin

Bezug zu IdéeSport: Projektleiterin im OpenSunday Locarno

Erfahrung mit Inklusion: Ausbildung zur Primarschullehrerin, Arbeit mit Sonderschulklassen sowie private Arbeit mit einer Cousine mit Behinderung

Hobbies: Schwimmen, Inlineskaten, Tanzen

Wieso findest du es so wichtig, dass das OpenSunday für Kinder mit Behinderungen offensteht?

Die Tatsache, dass es inklusiv ist, bedeutet, dass die Türen für alle Kinder geöffnet werden, ohne Unterscheidungen vorzunehmen. Es bietet allen die Möglichkeit, Sport zu treiben und Gleichaltrige kennenzulernen. Mit Blick in die Zukunft hoffe ich, dass sich durch solche Angebote die gesamte Gesellschaft mehr in Richtung Inklusion bewegt.

Welche Ängste/Befürchtungen hattest du vor dem ersten inklusiven Nachmittag? Inwieweit haben sich diese bewahrheitet und wie habt ihr sie bewältigt?

Die einzigen Befürchtungen, die ich hatte, betrafen meine eigene Kompetenz. In meiner Ausbildung habe ich oberflächlich das Themengebiet kennengelernt. Dies war jedoch nicht der Schwerpunkt, weshalb ich Angst hatte, nicht kompetent genug zu sein, um Teilnehmende mit Behinderungen zu unterstützen und ihnen eine angemessene Betreuung zu bieten. Die durchgeführten Veranstaltungen sind bisher alle sehr gut verlaufen und unser Team hat sich als kompetent erwiesen.

Konntest du bereits vorher Erfahrungen mit Kindern mit Behinderungen sammeln? Haben dir diese bei der Umstellung zur Inklusion im OpenSunday geholfen?

In der Ausbildung zur Grundschullehrerin ist es Pflicht, ein Praktikum in einer Sonderschulklasse zu absolvieren. Ausserdem habe ich eine Cousine mit einer körperlichen Behinderung. Beides hat mir sicherlich geholfen, mehr auf die Bedürfnisse von Kindern mit Behinderungen einzugehen und die Momente zu nutzen, in denen sie allein sein oder sich austoben wollen. Es ist nicht immer einfach: Wenn man die Kinder unterstützen will, neigt man oft dazu, zu proaktiv zu sein und riskiert dadurch, sie zu überfordern. Meine Erfahrung hat mir geholfen zu verstehen, dass jedes Kind seine eigenen Momente der Ruhe braucht, die es zu erkennen gilt.

Worauf achtet ihr besonders bei der Organisation und Durchführung der Veranstaltungen?

Bei der Organisation ist es auf der einen Seite wichtig, praktische Vorkehrungen zu treffen, da je nach Behinderung unterschiedliche Anpassungen notwendig sind. Bei Hindernissen muss beispielsweise dafür gesorgt werden, dass sie von allen überwunden werden können. Für Kinder mit Autismus ist die Verringerung der Lautstärke von Musik ein wichtiger Punkt. Nebst den praktischen Vorkehrungen ist auf der anderen Seite die Initiative des Teams essenziell, damit der gesamte Nachmittag reibungslos abläuft.

In der Vorbereitung haben du und dein Team einen Kurs zum Thema Inklusion besucht. Was habt ihr in diesem Kurs gelernt und wie gelingt euch die Umsetzung der Theorie in die Praxis?

Wir haben gelernt, dass wir für alles offen sein müssen und es gar nicht so schwer ist, das Angebot inklusiver zu gestalten. Die Kursleiterin hat uns mit ihren praktischen Ratschlägen die Umsetzung des Gelernten erleichtert. Wir haben mögliche Szenarien durchgespielt bzw. Themen vertieft, die uns in der Praxis begegnen könnten. Die erlernten Massnahmen haben wir im Anschluss schrittweise in die Tat umgesetzt. Da im OpenSunday Locarno immer dieselben Teilnehmer*innen erscheinen, konnten wir nach und nach die für sie notwendigen Anpassungen vornehmen. Am Ende jeder Veranstaltung räumen wir Zeit für Feedback ein.

Seit Beginn der Saison hat sich das Team stark verbessert: Zu Beginn trauten sich die JuniorCoachs kaum an die Teilnehmenden heran und zogen es vor, die gesamte Verantwortung dem weiblichen SeniorCoach zu überlassen. Inzwischen haben sie gelernt, dass der Umgang mit einem Kind mit Behinderungen nicht viel anders ist und können gut mit den verschiedenen Situationen umgehen.

Welche Aktivitäten bietet ihr an, um die Teilnehmer*innen für das Thema Inklusion zu sensibilisieren?

Wir bieten verschiedene Aktivitäten an, wie beispielsweise einen Sinnespfad, animiert von inclusione andicap ticino, oder speziell für Kinder mit Behinderung eingerichtete Räume, die von allen Teilnehmer*innen genutzt werden können. Anlässlich des Internationalen Tages für Menschen mit Behinderungen haben wir ein Versteckspiel mit «Grittibänzen» organisiert. Diese wiesen Behinderungen auf, hatten also beispielsweise fehlende Arme oder Beine. Wir diskutierten mit den Teilnehmenden über ihre Einzigartigkeit und haben gemeinsam festgestellt, dass sie auch mit ihrer Behinderung schön sind. Die kleinen Figuren repräsentieren uns alle, denn wir alle sind verschieden. Wären wir alle gleich, wäre es doch nicht lustig.

Welche Möglichkeiten und Chancen siehst du für die Teilnehmenden ohne Behinderung und umgekehrt? Was können sie vom jeweils anderen lernen?

Ich habe gelernt, dass die Zusammenkunft von Kindern mit und ohne Behinderung eine grosse Chance für das individuelle Wachstum ist. Wir Erwachsenen haben oft Mühe, die beiden Welten miteinander zu vereinen, während Kinder keine Unterscheidungen machen. So können beide Seiten voneinander lernen, was eine Bereicherung für alle darstellt.

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