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«Ich wollte selbst eine Vorbildrolle wahrnehmen»

01.12.2020

Als Romina Berliat (19) zum ersten Mal mit dem MidnightSports in Zuzwil in Berührung kam, war sie Teilnehmerin. Damals war sie 15 Jahre alt. Nun, einige Jahre später, engagiert sie sich als Coach für andere Jugendliche. In diesem Interview erzählt sie von ihren Erfahrungen.

Wie lange bist du inzwischen beim MidnightSports in Zuzwil dabei und was genau machst du nun dort?
Ich bin seit fast fünf Jahren dabei. Damals, im Jahr 2016, habe ich als JuniorCoach angefangen, nach zwei Jahren wurde ich SeniorCoach. Momentan bin ich grösstenteils für die administrativen Aufgaben rund um das MidnightSports verantwortlich. Dazu gehören unter anderem Arbeitsplanungen für die Coachs, die Organisation der Teameinführung – die leider aktuell nicht stattfinden konnte aufgrund der Corona-Pandemie – diverse Schulungen und Abrechnungen. Ich habe auch oft mit den Schulen und Gemeinden zu tun. Momentan geht es aber vor allem darum, dass wir das Projekt so richtig zum Laufen bringen und der Teamgeist gestärkt wird. Da der Projektleiter nächstes Jahr aufhören möchte, ist es das Ziel, mich so gut vorzubereiten, dass ich dies nächstes Jahr alleine machen kann.

Was hat dich als Teilnehmerin dazu bewegt, selbst Coach werden zu wollen?
Ich kann mich gut daran erinnern, dass ich an der Dorf-Chilbi auf die Werbung für das MidnightSports aufmerksam geworden bin. Da ich generell jemand bin, der aktiv ist und gerne Sport treibt, entschied ich mich glücklicherweise zur Teilnahme. Ich war begeistert, vor allem von den Coachs. Als Teilnehmerin habe ich sie als Vorbild wahrgenommen, was in mir den Wunsch geweckt hat, selbst eine Vorbildrolle einzunehmen. Das hat vermutlich mit meinem Berufswunsch zu tun – ich wusste nämlich damals schon, dass ich Lehrerin werden möchte. In Kombination mit der sportlichen Betätigung sah ich das als Chance für mich.

Was sind für dich die grössten Freuden als Coach?
Am meisten freue ich mich, wenn der MidnightSports-Abend erfolgreich ist und die Teilnehmer*innen nach dem ersten Besuch wiederkommen. Wenn wir beispielsweise das Trampolin aufbauen und ich dann sehe, wie die Teilnehmer*innen freudig darauf hüpfen und gar nicht mehr aufhören wollen, dann ist das ein wirklich schöner Moment für mich. Mir gefallen auch die ruhigen Abende, an denen ich nirgends eingreifen muss. Toll ist es auch, wenn die JuniorCoachs Eigeninitiative zeigen und Ideen einbringen und wir diese gemeinsam umsetzen. Es ist schön zu sehen, wie sich die Jugendlichen gegenseitig akzeptieren. Dazu ein Beispiel: Früher hatten wir immer mal wieder Probleme mit einem Jungen, der unsere Abende gestört hat. Er hat sich dann plötzlich bei uns, dem Hauswart und allen Beteiligten entschuldigt und gefragt, ob er denn auch als Coach tätig werden könne. Wir gaben ihm diese Chance und das war auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Er ist aufgeblüht, was wirklich schön zu sehen ist. Er wird von allen respektiert und ist nun Teil des Teams.

Gibt es denn auch Aspekte, die für dich eine Herausforderung darstellen?
Ja, die gibt es auch. Dazu gehören auf jeden Fall die unanständigen Jugendlichen. Die Vorfälle sind weniger geworden, worauf wir stolz sein können. Ich denke, das liegt zu einem grossen Teil daran, dass heute viel mehr Mädchen dabei sind. Dies hat die Atmosphäre positiv beeinflusst und eine Ruhe in die Abende gebracht. Jedoch gibt es noch immer gewisse Gruppen, die sich manchmal respektlos benehmen. Es fällt mir schwer, mit ihnen umzugehen. Aber ich weiss, an wen ich mich in einer schwierigen Situation wenden kann. Was ich als persönliche Herausforderung erachte, ist die Zusammenarbeit mit der Gemeinde und dem Schulpräsidenten. Da es sich dabei teilweise um die Eltern meiner früheren Mitschüler*innen handelt, kennen sie mich bereits. Jetzt spreche ich plötzlich mit ihnen über ein Projekt und entscheide dabei mit. Da möchte ich einen guten Eindruck hinterlassen und zeitgleich ist es eine extrem grosse Verantwortung. Dessen war ich mir nicht in vollem Umfang bewusst. Dass die Erwachsenen einem wirklich zuhören, hat mich etwas überrascht.

Du sagtest, du bist Coach geworden, da du selbst gerne eine Vorbildfunktion einnehmen wolltest. Welche konkreten persönlichen Ziele hast du dir in Zusammenhang damit für deine Tätigkeit als Coach gesetzt?
Ich habe mir zum Ziel gesetzt, dass ich im Umgang mit schwierigen Jugendlichen lerne «Nein!» zu sagen und mich durchzusetzen. Generell möchte ich meine Kompetenzen weiterhin stärken und darin weiterwachsen, so wie ich das die letzten vier Jahre durfte.

Dein Berufsziel ist es, Primarlehrerin zu werden. Um dies zu erreichen, hast du vor kurzem ein Studium begonnen. Inwiefern bereitet dich deine Tätigkeit als Coach auf deine Tätigkeit als Lehrerin vor?
Als ich im Rahmen meines Studiums ein Praktikum im Kindergarten gemacht habe, fiel mir auf, dass ich den Kindern gut Grenzen vermitteln kann und sie diese respektieren. Mir war nicht bewusst, dass ich eine solche autoritäre Wirkung und starke Präsenz habe. Mir wurde auch rückgemeldet, dass ich sehr natürlich wirke. Das habe ich zu einem grossen Teil dem MidnightSports zu verdanken. Auch habe ich festgestellt, dass ich sehr intuitiv und spontan reagieren kann. Ich merke, wo Hilfe benötigt wird und wo eher nicht. Zudem habe ich Übung im Umgang mit Kritik und kann diese auch umsetzen. Dazu wurde ich im MidnightSports extrem geschult und kann diese Fähigkeiten nun sowohl im Studium wie auch im Praktikum einsetzen.

Welche Sportarten und Freizeitaktivitäten übst du persönlich am liebsten aus?
Ich habe diesen Sommer mit Cheerleading angefangen, was mir sehr viel Spass macht. Mir gefällt die Kombination von Akrobatik, Turnen und Tanzen. Zudem ist der Teamgeist überwältigend. Ich finde es schade, dass die meisten diesen Sport gar nicht wirklich kennen bzw. nicht ernst nehmen. Bevor ich damit angefangen habe, war ich jahrelang im Turnverein aktiv. Doch irgendwann habe ich gemerkt, dass ich etwas Neues brauche. Ansonsten verbringe ich viel Zeit mit meiner Familie. Zudem lese ich gerne.

Gibt es weitere Dinge, die du als Coach gelernt hast?
Ja, ich habe gelernt, wie schwer es ist, Leute einzuschätzen. Wir hatten gewisse Spezialfälle, bei denen ich als Coach auch viel über den Hintergrund der Jugendlichen erfahren habe. Da habe ich gemerkt, dass das private Umfeld einen sehr beeinflusst. Auch wenn man am selben Ort aufwächst, dieselbe Schule besucht, so ist die Spannweite zwischen den einzelnen Personen doch sehr gross. Da ich in meinem Studium aktuell viel über Entwicklungspsychologie lerne, sehe ich da die Zusammenhänge. Das ist zwar ausserordentlich spannend, hat mich jedoch auch etwas erschreckt.

Wenn du etwas am MidnightSports Zuzwil ändern könntest, was wäre das?
Bei 45-50 Teilnehmer*innen ist es klar, dass sich Gruppen bilden. Es wäre schön, wenn sich diese etwas mehr durchmischen würden – d.h sowohl Sekundar- und Realschüler*innen, Jungs und Mädchen als auch bereits bestehende Freundschaftskreise. Beim Sport klappt das noch eher, aber sobald es in die «Chill-Ecken» geht, setzen sie sich nicht zueinander, selbst wenn es Platz hätte. Das finde ich zwar schade, jedoch würde ich mich auch so verhalten. Niemand will den ersten Schritt machen, so ist das eben. Zudem würde ich ein Handyverbot in den Hallen begrüssen. Aber mir ist klar, dass ein solches Verbot nicht umsetzbar ist. Schliesslich kommen ja alle freiwillig. Dennoch fände ich es schön, wenn die Handykultur am MidnightSports reduziert werden könnte.

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