Coach­Pro­gramm: Wie alles begann

14. Okto­ber 2025

Was heute als Herzstück von Idée­S­port gilt, begann mit ein­er spon­ta­nen Idee: Als Robert Schmuc­ki das erste Mid­night Bas­ket­ball mitor­gan­isierte, standen plöt­zlich 140 Jugendliche in der Halle – und schnell wurde klar, dass nur gemein­sam mit Jugendlichen selb­st ein solch­es Pro­jekt gelin­gen kann. Im Gespräch erzählt Robert Schmuc­ki, Mit­be­grün­der von Idée­S­port und Ini­tia­tor des Coach­Pro­gramms, wie aus dieser Erfahrung ein einzi­gar­tiges För­der­mod­ell ent­stand. Seine Erin­nerun­gen zeigen, wie Ver­ant­wor­tung, Ver­trauen und echte Teil­habe Jugendliche stärken – und das Coach­Pro­gramm bis heute prä­gen.

Olten, 22.09.2025 – Inter­view mit Robert Schmuc­ki  

Was war die ursprüngliche Idee hin­ter dem Coach­Pro­gramm – und was hat Sie dazu inspiri­ert? 
Ganz am Anfang war es eigentlich eine prag­ma­tis­che Entschei­dung. Wir haben mit Fre­un­den das erste Mid­night Bas­ket­ball organ­isiert. Erwartet haben wir 20 – 30 Teil­nehmende – am Ende standen 140 Jugendliche in zwei Hallen. Da wurde klar: Mit einem reinen Erwach­se­nen­team kön­nen wir das gar nicht stem­men. 

Also haben wir begonnen, Jugendliche einzubeziehen. Die ersten bei­den Junior Coach­es, Has­sim und Justin, repräsen­tierten zwei unter­schiedliche Hin­ter­gründe – Alban­ien und Puer­to Rico. Wir haben ihnen damals densel­ben Lohn bezahlt wie den erwach­se­nen Coach­es. Das hat am Anfang über­haupt nicht funk­tion­iert: Justin kam nach drei Ein­sätzen nicht mehr, weil er mit 14 Jahren für einen Abend mehr ver­di­ente, als er von seinen Eltern in Monat­en an Sack­geld bekam. 

Trotz solch­er Startschwierigkeit­en war genau dieser Schritt entschei­dend: Justin wan­delte sich von einem bekan­nten Schläger“ zu einem ambi­tion­ierten Senior Coach. Allein das T‑Shirt mit dem grossen Auf­druck COACH“ verän­derte sein Image – auf dem Pausen­platz kon­nte er nicht mehr der sein, der er sam­stags war. Diese Ver­ant­wor­tung hat ihn geprägt. 

Ab 2004 in Uster wurde das Ganze dann sys­tem­a­tis­ch­er: Dort waren wir wortwörtlich über­ran­nt. Uns wurde klar, dass wir ein ver­lässlich­es Team braucht­en. So ent­stand die Idee, erfahrene Junior Coach­es zu Senior Coach­es weit­erzuen­twick­eln. Bald darauf fol­gten auch erste Aus­bil­dungs­gänge. Für mich per­sön­lich sind diese biografis­chen Verän­derun­gen der Jugendlichen der Rohdia­mant“ des Coach­Pro­gramms. 

Gab es einen Schlüs­sel­mo­ment, in dem Ihnen klar wurde: Das Coach­Pro­gramm brauchen Jugendliche unbe­d­ingt? 
Ja, beson­ders in Uster ab 2003. Dort arbeit­eten wir eng mit Jugen­dar­beit und Schul­sozialar­beit zusam­men. Wir kan­nten die Jugendlichen dadurch nicht nur vom Sam­stagabend, son­dern auch aus ihrem All­t­ag. Diese Nähe hat uns gezeigt, wie gross das Poten­zial ist. 

Ich erin­nere mich an Emmen: Ein Jugendlich­er mit Ruf als Schläger wurde Junior Coach, später Senior Coach – und erzählte dann selb­st in der Schule, warum man nicht in Schlägereien ver­wick­elt sein sollte. Genau solche Entwick­lun­gen machen deut­lich, wie wichtig das Pro­gramm ist. 

Ein weit­er­er Schlüs­sel­mo­ment war die bewusste Öff­nung für Mäd­chen. Anfangs lag ihr Anteil bei Mid­night Sport bei ger­ade ein­mal 4 %. Viele sagten uns, wir soll­ten ein­fach ein Buben­pro­jekt daraus machen. Aber wir hiel­ten dage­gen – und nach 6 – 7 Jahren stieg der Mäd­chenan­teil auf 30 – 35 %, später sog­ar bis zu 50 %. Das war ein Meilen­stein. Beson­ders im Open­Sun­day und Min­i­Move habe ich erlebt, wie wertvoll weib­liche Role­mod­els sind, auch für die Eltern. 

Welche Werte und Hal­tun­gen waren Ihnen bei der Grün­dung beson­ders wichtig? 
Im Zen­trum stand Empow­er­ment – Jugendlichen Ver­ant­wor­tung über­tra­gen und ihnen Selb­st­wirk­samkeit ermöglichen. Nicht nur kon­trol­liert, son­dern so, dass sie sich selb­st reg­ulieren ler­nen. 

Wir haben sog­ar mit einem Punk­tesys­tem exper­i­men­tiert, statt Lohn direkt auszuzahlen. Dabei ging es uns immer um eines: Jugendliche sollen erfahren, dass sie etwas kön­nen und wichtig sind. Viele, vor allem Jungs mit Migra­tionsh­in­ter­grund, kom­men aus der Schule mit dem Gefühl, dass sie nichts draufhaben – und das ist fatal. Dage­gen woll­ten wir arbeit­en. 

Worauf sind Sie heute, mit etwas Abstand, am meis­ten stolz? 
Am meis­ten Freude bere­it­en mir die Geschicht­en, die wir erlebt haben. Ein Beispiel: Beim ersten Open­Sun­day hat­ten wir einen Hauswart, der uns sofort unter­stützte – ungewöhn­lich, da Hauswarte uns oft kri­tisch gegenüber­standen. Später erzählte er uns, dass er selb­st ein­mal Coach bei Idée­S­port war. Solche Kreise, die sich schliessen, finde ich wun­der­schön. 

Oder die Autorin Petra Ivanov: Sie hat in ihren Jugen­dro­ma­nen Reset und Rewind erst­mals eine Junior-Coach-Fig­ur im Mid­night auftreten lassen. Dass unser Pro­gramm sog­ar in die Lit­er­atur Ein­gang gefun­den hat, zeigt mir, dass es mehr ist als ein Pro­jekt – es ist Teil von Lebens­geschicht­en gewor­den.